Das Dilemma mit dem Alter

Man ist nur so alt wie man sich fühlt

Das Alter ist für viele Menschen ein unangenehmes Thema. Jemanden zu fragen, wie alt er oder sie ist, gilt in unserer Kultur meist als „No-Go“. Im beruflichen Kontext ist das Alter ebenfalls heikel, da es Grundlage von Diskriminierung werden kann. Insbesondere ältere Mitarbeiter:innen sind häufig von Altersdiskriminierung betroffen, da man ihnen weniger Leistungsfähigkeit und -bereitschaft unterstellt und bei Neueinstellungen tendenziell jüngere Kandidat:innen bevorzugt. Dass ältere Mitarbeiter:innen tatsächlich weniger leistungsfähig und -bereit sind, konnte jedoch bislang in keiner einzigen empirischen Studie nachgewiesen werden. Gewisse Fähigkeiten, wie die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung beispielsweise, nehmen zwar im Alter ab, dafür gewinnen andere Kompetenzen an Stärke, wie ein höheres Erfahrungswissen, auf das diese Personen zurück greifen können.

Dennoch werden ältere Mitarbeiter:innen unter anderem bewusst von Weiterbildung und Entwicklung ausgeschlossen, weil Unternehmen annehmen, dass sich eine Investition in diese nicht mehr lohnt. Auch bei Neueinstellungen werden, wie bereits erwähnt, meist Jüngere bevorzugt, selbst wenn die gleichen Qualifikationen vorliegen, was durch Studien untermauert werden konnte. Zur Gruppe „ältere:r Mitarbeiter:innen“ zählt man laut Definition der  OECD ab 55 Jahren und älter. Andere Definitionen sagen, dass man im letzten Drittel seines Berufslebens stehen muss, um als ältere:r Mitarbeiter:in zu gelten. Eigentlich sollten diese Zahlen irrelevant sein, da es nicht darauf ankommt, welches biologische Alter ein:e Mitarbeiter:in hat. Mitarbeiter:innen aller Altersgruppen können gleich leistungsfähig und -bereit sein. Darüber hinaus ist jede:r doch nur so alt wie er oder sie sich fühlt, nicht wahr?

FLORIAN KUNZE hat sich in einer spannenden Studie mit dem Alter im beruflichen Kontext auseinander gesetzt. Dabei kam heraus, dass dem gefühlten Alter in Unternehmen viel mehr Beachtung geschenkt werden sollte, nicht dem biologischen. KUNZE hat in seiner Studie aus dem Jahr 2017 (Man ist nur so alt wie man sich fühlt – New Work und Altern bilden nicht nur eine „gefühlte“ Einheit) Alter und Leistungsfähigkeit miteinander verknüpft. In der Studie wurden 107 klein- und mittelständische Unternehmen, mit einer Gesamtzahl von mehr als 15.000 Beschäftigten befragt. Die wichtigsten Erkenntnisse waren, dass für eine Organisation und das Demographiemanagement, das gefühlte Alter viel entscheidender ist, als das biologische und dass die Mehrheit der älteren Mitarbeiter:innen sehr motiviert und produktiv ist. Ältere Mitarbeiter:innen schätzen sich darber hinaus in der Studie tendenziell jünger ein, als sie vom biologischen Alter her sind.

Es konnte festgestellt werden, dass in Unternehmen, in denen sich Mitarbeiter:innen jünger fühlen, die Produktivität um 10% höher und die Fehlzeiten geringer sind. Ein weiterer interessanter Aspekt ist, dass sich Mitarbeiter:innen, die eine sinnstiftende Tätigkeit ausüben, um 33% jünger fühlen. Man sieht durch diese Studie, dass es weniger um das biologische Alter, als vielmehr um die Einstellungen einer Person geht, darum, wie alt man sich fühlt und um den Kontext, in dem Mitarbeiter:innen arbeiten. Im Lichte von New Work sollte das Alter somit nur mehr eine Zahl sein, denn ein:e nach Jahreszahlen Ältere:r kann genauso dynamisch und motiviert sein wie ein:e Jüngere:r. Die Werte und das Mindset eines älteren Mitarbeiters:einer älteren Mitarbeiterin mögen anders sein, was daher kommt, dass diese Mitarbeiter:innen anders geprägt wurden. Es sagt jedoch nichts über deren Leistungsfähigkeit und Motivation aus.

 

Fazit: Wenn man sich dessen bewusst ist, hat man bereits einen wichtigen Schritt gemacht, um unterschiedlichen Generationen in Unternehmen nicht mit Vorurteilen und Diskriminierung zu begegnen. Es ist wichtig, allen Mitarbeiter:innen gleichermaßen Respekt und Wertschätzung entgegenzubringen, dann kann die Zusammenarbeit gut gelingen. Die Gruppe älterer Mitarbeiter:innen hat auch großes Potenzial wenn es um die Bekämpfung des Fachkräftemangels geht. Wenn man diese Gruppe einerseits im Unternehmen mehr einbindet und andererseits im Recruiting offen für diese Altersgruppe ist, kann man wertvolle Mitarbeiter:innen halten bzw. gewinnen, die das Unternehmen noch viele Jahre bereichern.

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