Innere Kündigung hat viele Gesichter
Innere Kündigung, auch unter dem Begriff „Quiet Quitting“ bekannt, ist ein Phänomen, das sich, wie der Name sagt, bei den meisten im Stillen bzw. lautlos vollzieht. Wenn man als Unternehmen jedoch genau hinsieht, gibt es durchaus sehr deutliche Anzeichen, die auf Innere Kündigung hindeuten:
„The biggest concern for any organization should be when their most passionate people become quiet“
Personen, die innerlich gekündigt haben kann man als „Ja-Sager:innen“ beschreiben, die keine Lust auf Auseinandersetzungen haben, sich selbst nicht mehr aktiv einbringen oder konkrete Vorschläge machen, Entscheidungen der Führungskräfte einfach hinnehmen, oder vermehrt wegen privaten Angelegenheiten oder Krankheit fehlen. Innere Kündigung verursacht jährlich Kosten in Millionenhöhe, weil erwiesen ist, dass Krankenstände bei Innerer Kündigung deutlich ansteigen. Krankenstandsdaten sollten daher regelmäßig überwacht und mit den betroffenen Mitarbeiter:innen rechtzeitig Gespräche geführt werden. Typisch für Innere Kündigung ist weiters, dass Betroffene keine Bereitschaft mehr haben, sich mit den Vorgesetzten und Kolleg:innen auseinander zu setzen. Es kommt sogar vor, dass innerlich Gekündigte auf Kommunikation mit Kolleg:innen und Vorgesetzten gänzlich verzichten oder Eingriffe in den eigenen Verantwortungsbereich einfach akzeptieren. Andere mögliche Indikatoren für Innere Kündigung können sein, wenn Mitarbeiter:innen zunehmend ihren Unmut ausdrücken, sich vermehrt offen abfällig über das Unternehmen äußern, keine Partizipation zeigen oder nicht hilfsbereit sind.
Innerlich Gekündigte können im Extremfall auch Suchttendenzen aufweisen, die sich durch erhöhten Alkohol- oder Nikotinkonsum äußern. Andere Anzeichen können dauernde Gereiztheit, Schlaflosigkeit oder sogar Fettleibigkeit sein. Die Grenzen zu anderen Phänomenen oder Krankheiten sind oft fließend und auch die Anzeichen sind sehr individuell, je nach Persönlichkeit. Wichtig ist daher, dass insbesondere die direkten Führungskräfte wachsam und sensibel sind, wenn es um die Beachtung von möglichen Anzeichen Innerer Kündigung geht. Bezugnehmend auf das oben dargestellte Zitat, sollten sich Führungskräfte folgendes vor Augen halten: Wenn aus Mitarbeiter:innen, die früher gerne Überstunden leisteten, eigeninitiativ neue Ideen einbrachten und sich aktiv am Arbeitsgeschehen beteiligten, um im Job voranzukommen, plötzlich notorische „Ja-Sager:innen“ werden, die nur mehr ein Mindestmaß an Arbeitseinsatz zeigen, vermehrt krank sind und sich von Kolleg:innen distanzieren, sollten die Alarmglocken schrillen.
Signale können auch innerhalb der Gesamtorganisation erkannt werden: zum Beispiel liefern Kennzahlen, wie z.B. die Fluktuationsrate oder Fehlzeiten, erste Anzeichen. Es signalisiert, dass vermehrt abwesende Mitarbeiter:innen ihr Interesse am Unternehmenserfolg und an der Arbeit an sich verloren haben. Je größer die Unzufriedenheit bei den Mitarbeiter:innen ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie verstärkt von der Arbeit fernbleiben. Es gibt auch einen Zusammenhang zwischen Fehlzeiten und Führungskräfteverhalten. Fehlzeiten sind nämlich dann am höchsten, wenn generell schlechtes Betriebsklima herrscht oder die:der Vorgesetzte die Mitarbeiter:innen nicht adäquat behandelt bzw. Führungsfehler (siehe Blogbeitrag Innere Kündigung: Ursachen) begeht. Darüber hinaus kann es auch zu vermehrten Fehlzeiten kommen, wenn sich Mitarbeiter:innen gegenüber ihren Kolleg:innen nicht gerecht entlohnt fühlen oder sie über- oder unterfordert sind. Mitarbeiter:innen fehlen auch dann vermehrt, wenn die Ziele im Unternehmen für sie scheinbar unerreichbar oder unklar sind. Weitere Indizien können sein, dass es zu einer „Verschlechterung des Qualitätsniveaus“, „sinkenden Produktivitätskennzahlen und steigenden Bearbeitungszeiten“ sowie „ansteigenden Kundenreklamationen“ kommt.
Sinkt die Leistung der Mitarbeiter:innen wirkt sich das auch auf die Konzentration bei der Arbeit aus und verursacht in weiterer Folge vermehrte Fehler. Häufige Kundenreklamationen sind schon ein sehr ernst zu nehmendes Signal für die sinkende Leistung der Mitarbeiter:innen und kann natürlich zum dauerhaften Verlust von Kund:innen führen. „Mangelndes Interesse an Betriebsfeiern- und Ausflügen“ wird ebenfalls als Indiz angesehen, ist jedoch nur eher schwach zu bewerten, weil es viele Gründe geben kann, warum Mitarbeiter:innen nicht zu solchen Veranstaltungen gehen. Dennoch sollte man achtsam sein, denn bei solchen Feiern geht es schließlich darum, den persönlichen Kontakt zu seinen Kolleg:innen und Vorgesetzten auszubauen und die innerbetriebliche Kommunikation zu fördern. Wichtig ist dabei, dass man sich Gedanken um das Betriebsklima macht. In einer Befragung im iga.Report 33, zum Thema Gesundheit und Arbeit (hier verlinkt), wird noch eine Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen gemacht. Die bereits genannten Anzeichen zählen dabei zu den unmittelbaren Auswirkungen, während z.B. Umsatzeinbußen, erhöhte Personalkosten, Imageschäden oder negative Auswirkungen auf das Betriebsklima, auf die Gesundheit und Motivation, zu den mittelbaren Auswirkungen zählen.
Innere Kündigung kann ein Teufelskreis sein, wie das folgende Zitat verdeutlichen soll:
„Es ist eigentlich das Schlimmste, was einer Organisation passieren kann. Die Leistungs- und Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter geht deutlich zurück und führt zu schlechteren Produkten und Dienstleistungen.“
Es ist somit zwingend notwendig, dass Unternehmen bei ersten Anzeichen von Innerer Kündigung reagieren und mit den Mitarbeiter:innen das Gespräch suchen. Noch besser wäre natürlich, es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, denn Innerlich Gekündigte wieder zu motivieren ist sehr schwer. Innere Kündigung ist ein ernst zu nehmendes Thema und kann auf Dauer einen großen Schaden für das Unternehmen und die Employer Brand bedeuten, wenn man nichts dagegen unternimmt.